Jeder möchte nach seiner Vorstellung das Leben gestalten. Um dies bei unterschiedlichen Interessen durchzusetzen braucht es Regeln. Sicherheit und Macht sind deshalb Rahmenbedingungen für Jeden, sich individuell zu entwickeln und sich als etwas besonderes abzugrenzen. Aber es ist auch ein Gleichgewicht der Kräfte erforderlich, denn alles Leben strebt nach Harmonie. Hieraus entspringt die große Verantwortung des Menschen das Leben zum Guten zu nutzen.
Die Vorstellung vom Glück ist individuell - die Angst meist univers. Zu allen Zeiten mussten Menschen böse und unerklärliche Erfahrungen machen, denn das Prinzip des Bösen resultiert einzig aus der Abwesenheit des Guten und nur für den, der zu seinem Opfer gemacht wird. Schmerz, Hunger, Krankheit oder Tod sind Begleiter des Lebens. Glück und Unglück treffen dabei nicht jeden Menschen gleichermaßen und in gleicher Intensität, sondern sie sind unterschiedlich verteilt. Vieles ist menschengemacht, anderes scheint unerklärbar. So entsteht das Leben als ein Kampf, das Gute zu gestalten und das Böse zu bannen oder ihm zumindest auszuweichen. Nicht wenige Menschen glauben deshalb an geheime Mächte, die über ihr Leben bestimmen. Die einen verzagen und fallen in Depression - also einer Verletzung ihrer selbst -, andere wiederum versuchen sich durch Aggression gegen andere oder anderes zu befreien. Die Gestaltung der Welt geht aber weiter - mit oder ohne sie, denn alles ist im Fluss. Nietzsche läßt Zarathustra sprechen: …Und so ist es immer schwacher Menschen Art: sie verlieren sich auf Wegen. Und zuletzt fragt noch ihre Müdigkeit: „Wozu gingen wir jemals Wege! Es ist alles gleich!“ Denen klingt es lieblich zu Ohren, das gepredigt wird; „Es verlohnt sich nichts! Ihr sollt nicht wollen!“ Dies aber ist eine Predigt zur Knechtschaft. Deshalb empfiehlt Zarathustra: … Und nur zum Schaffen sollt Ihr lernen! .. das Gut-Lernen! - Wer Ohren hat, der höre!
(Aus: Versöhnung der Werte, Editionsbox Heinz Zolper, ArtForum Editions, 2020)