Kunst und Kultur - Einladung zur Versöhnung
Gegen die Verbreitung von Hass.
Hass kann Energie freisetzen und dabei eine große negative Identität stiften. Doch dieses Gefühl erschafft nie etwas, ohne gleichzeitig zu zerstören. Eine der großen nicht zu unterschätzenden Aufgaben von Kunst und Kultur ist es Menschen Gelegenheit zur Selbstreflexion und zur Beachtung von Fremdem zu schenken. Dies wird nur möglich durch die Freiheit der Künste. Kunst und Kultur sind deshalb auch nicht nur Selbstzweck, sondern ein Angebot und damit eine Chance an alle Menschen, sich zu finden und Gemeinsamkeiten zu entdecken.
Ohnmacht kann Hass erzeugen.
Hass ist das Gegenteil der Liebe, er lehnt nicht nur einen Menschen ab, sondern möchte ihm auch schaden. Er entspringt z.B. dem Neid, der Eifersucht oder der verschmähten Liebe. Aber er ist mehr als Verachtung, denn er erhöht in vielen Fällen auch das Selbstwertgefühl des Hassers. In diesem Sinne kann er das Ergebnis einer tiefen seelischen oder einer schmerzlichen Situation sein, der man ohnmächtig gegenübersteht und die man glaubt aus eigener Kraft nicht verändern zu können.
Fehlende Freude
Fehlende Freude am Leben, an der individuellen Situation, ist eine wesentliche Grundkomponente des Hasses, aber sie bewirkt nicht einen Automatismus. Vielmehr kann sie drei Wege eröffnen: Anlass zum Neubeginn und Selbstreflexion sein, schnurstracks in die Depression führen oder als Ventil Hass entwickeln. Kein mensch ist davor gefeit; jede/r sollte aber lernen sich bewusst zu werden und mit seinen Gefühlen umzugehen und Problemlösungen zu finden.
Agression als Motor des Hasses
Hass wird primär als Charaktermerkmal verstanden. Eine Hass(re)aktion ist demnach Ausdruck eines bereits angelegten großen, oftmals noch nicht erkannten Agressionspotentials, eines gewachsenen innewohnenden Hasses. Hass entsteht deshalb nicht irgendwann, sondern entwickelt sich sehr früh. Oftmals aus der ERfahrung von Ungerechtigkeit. Das Gefühl nicht geliebt zu werden, braucht aber einen Lichtblick durch Hilfestellung, durch Solidarisierung. Wo dies nicht eintritt, kann es zur Verachtung gegen Menschen werden, die als potentielle Gegner betrachtet werden oder auch nur gegen Menschen, die auf Grund ihrer vermuteten Schwäche zum Punchingball eigener Aggressionen gesehen werden.
Hass als Ventil der Unzufriedenheit
In einem solchen Fall kann ein Mensch eine besondere Art von Befriedigung und Spass aufzeigen, wenn er hasst, was bei reaktivem Hass fehlt. Um dies zu vderstehen, hilft vielleicht ein Verweis auf das Phänomen, dass Schadenfreude oft stärker als das Gefühl von Freude ist. Der Hauptunterschied zum reaktiven Hass ist die ursächliche Bereitschaft zu hassen und damit seine eigene Situation zu relativieren oder zu überhöhen. Diese Art Hass benötigt geradezu Feindbilder, welche in Hassausbrüchen nur ihren Ausgang findet.
Sowohl Feindbilder als auch Anlässe können erstaunlich auswechselbar sein. Ursache sind ausser einer bereits aggressiven Charaktereigenschaft fehlende oder falsche Kenntnisse über die eigene Situation und andere Menschen und Zusammenhänge. Im Hass wird dann das eigene Unvermögen nicht durch Nachdenken und Lernen kompensiert, sondern ausschliesslich durch eine - oft austauschbare - aggressive Haltung.
Ungleichbehandlung befördert Hass
Der reaktive Hass ist auf ein bestimmtes Ereignis oder die als schädlich verstanden negative Handlung eines oder vieler anderer Menschen bezogen. Er hat einen Grund in der Wahrnehmung einer gefühlten Ungleichbehandlung. Ohne diese Vorbedingung entsteht er i.d.R. nicht. Im Falle des reaktiven Hasses ist es die Situation, die den Hass erzeugt; im Falle des charakterbedingten Hasses hingegen wird eine nicht-aktivierte Feindseligkeit durch die Situation aktualisiert.
So kann auch das Aktivieren des charakterbedingten Hasses in der Gruppe oder sogar gesellschaftsübergreifend in ganzen Bevölkerungsteilen zu einer hochexplosiven Kettenreaktion führen. Oftmals ganz unterschiedliche, ja gegensätzliche Einzelpersonen oder Gruppierungen können sich auf diese Weise vereinen, nur um einem gemeinsamen Feinbild entgegen zutreten.
Rassismus ein Menschheitsproblem
Eine besondere Form des Hasses ist im Rassismus ausgebildet. Er richtet sich nicht gegen persönliche Verletzungen, nicht gegen politische Überzeugen - ausreichend sind eine andere Hautfarbe oder eine vermeintlich andere Volkszugehörigkeit oder Abstammung. Der Hasser ist dann in der Position der „wahren“ und damit privilegierten Menschheitsabstammung, das Hassobjekt wird allein durch Ausgrenzung erfasst. Natürlich spielen auch hier Unkenntnis der „Anderen“, Wider und Sexualneid wesentliche Rollen. Um die eigene „erhabene“ Moral nicht zu schädigen, wird dies jedoch ausgeblendet. Opfer von Rassismus kann dabei jeder Mensch werden, wenn er in eine fremdenfeindliche Situation gerät. Die Geschichte der Menschheit ist zu allen Zeiten auch eine Geschichte des Rassismus. Dabei ist Rassismus von kultureller oder religiöser Intoleranz abzugrenzen, sie bereiten jedoch en Nährboden hierzu. Die Erfindung von Menschenrassen bildet die ewutere pseudowissenschaftliche, tatsächlich jedoch kriminelle Grundlage dafür, Menschen allein Aufgrund ihrer Abstammung zu erniedrigen und auszugrenzen. Der Holocaust ist das wohl grauenvollste Ergebnis einer solchen Entwicklung. Aber den Antisemitsismus hat selbst er nicht durch den grellen Lichtschein der Millionen Ermordeten zur Erleuchtung und Abkehr verhelfen können. Menschen suchen einen Sündenbock für das was ihnen missfällt, für das was sie sich nicht erklären können und für ihre Unzulänglichkeiten. Apartheidsysteme und die nicht enden wollende soziale Ausgrenzung und Kriminalisierung von Farbigen finden auf gleichen Schlachtfeldern statt. „I can’t breath“, der so oft wiederholte erschütternde Hilferuf von Tod Floyd war entsprechend nicht nur sein persönliches Anflehen, sondern gleichzeitig ein Hilfeschrei aller unterdrückten Farbigen und darüber hinaus, aller unterdrückten und missachteten Menschen.
Keine Gerechtigkeit, kein Frieden
Stop Asian Hate! Auch Rassismus gegen Asiaten hat in letzter Zeit so stark zugenommen, dass sich u.a. Künstlerinnen und Künstler aktiv dagegen wehren. Das Phänomen ist auch im 21. Jahrhundert allgegenwärtig und mitten unter uns. Eine Gruppe von tauben (!) Kreativen hat sich nun für eine internationale Initiative zusammengetan und nutzt dafür die amerikanische Gebärdensprache. Die Künstlerin Christine Sun Kim, als Tochter koreanischer Emigranten in Kalifornien geboren, lebt seit Jahren in Berlin. Für den guten Zweck kann man in limitierter Auflage Hemden erwerben, auf denen die Handzeichen für „Stop Asian Hate“ stehen. Der Erlös wird zwischen dem Asian Americans and Pacific Islanders Community Fund und Stop #AAPIHATE with Asian Signers aufgeteilt.
Versöhnung der Werte
Natürlich kann Kunst und Kultur nicht Hass entschieden bekämpfen, aber sie können dazu beitragen Menschen und Gesellschaften zu heilen
Das Projekt Versöhnung der Werte, ist gesellschaftsübergreifend und offen für alle, die bereit sind ihre Vorstellungen und die der anderen zu überdenken. Versöhnung der Werte sucht dabei nicht das Trennende, sondern das Verbindende. Dafür müssen wir mehr über uns und über andere kennenlernen. Respekt und Liebe sind die tragenden Fundamente dieses Projektes mit dem alle Menschen angesprochen werden. Um dies zu erreichen müssen wir dem Hass Einhalt gebieten - an jeder Stelle und sofort.
Behandle Deine Mitmenschen respektvoll und lass dich nicht nur von deinen Gefühlen leiten. Du kannst einen anderen Menschen oder sein Verhalten nicht kontrollieren, dein eigenes hingegen schon. Und dies kann der erste Schritt sein für ein friedvolles Miteinander. Natürlich können und sollen wir nicht alles akzeptieren. Aber wir sollten höflich miteinander umgehen, um uns näher kennenlernen zu können.
Soziales Miteinander braucht eine offene Gesellschaft, aber auch Regeln. Liebe kann man nicht einfordern, Respekt schon. Und Hass? Ihn kann und muss man benennen, konfrontieren mit seinen asozialen Folgen - und vielleicht gelingt es mit rechtlicher Konsequenz, mit pädagogischer Hingabe und mit der Eröffnung an Wissen und Teilhabe ihn zumindest einzudämmen und in etwas Konstruktives umzuwandeln. Dafür brauchte aber auch mehr als warme Worte, sondern die schonungslose Bereitschaft und Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe und Verantwortung.
LAS I Peter Merten